Ich kam im Sommer 1969 als Tochter meiner Eltern zur Welt. Mit 5 Jahren sagte ich zu meinen Eltern „Ich bin kein Mädchen, ich bin ein Junge„. Meine Eltern sagten mir aber, nein du bist kein Junge. Das war aber noch eine Zeit, da gab es keine Trennung nach Geschlechtern. Im Kindergarten rannten wir alle gleich rum, mit Tschirt und Strumpfhose in die wir alle reingeschüttelt oder reingekniffen wurden. Nach dem Essen wurden wir auf die Toilette gesetzt, alle in einer Reihe, egal ob Junge oder Mädchen und Trennwände gab es da auch keine und Mittagsschlaf machten wir auch gemeinsam. Als ich 6 Jahre war, verkündeten mir meine Eltern, dass ich noch ein Geschwisterchen bekomme und ich sagte ja, aber ich möchte nur eine Schwester. Der Tag der Geburt kam und mein Vater kam voller Freude zu mir und sagte „du hast ein Brüderchen bekommen“. Nein den will ich aber nicht, den könnt ihr gleich im Krankenhaus lassen. Ich bin dann mit ihm ins Krankenhaus, um meine Mutter und das Brüderchen zu besuchen. Auf meine Mutter habe ich mich gefreut, aber von dem Brüderchen wollte ich nichts wissen, auch am Tag der Entlassung habe ich weinend meine Eltern darum gebeten ihm im Krankenhaus zu lassen. Natürlich hörten sie nicht auf mich. Ich verstand es einfach nicht, dass er ein Junge sein darf und ich nicht. In der Schule fing es dann an mit der Geschlechtertrennung. Da gingen meine Probleme los. Mit den Mädchen wollte ich nicht spielen und die Jungs wollten nicht mit mir spielen. Ich wurde zum Außenseiter und Mobbing wurde mein ständiger Begleiter. Die Zeit der Pubertät war die schlimmste Zeit in der Schule. Viele hatten ihre erste Freundin oder ihren ersten Freund und ich? Darüber machte ich mir noch gar keine Gedanken, wenn ich anziehend finde. Ich war noch damit beschäftigt herauszufinden was mit mir los ist. Ich wusste ich bin anders, aber konnte es nicht beschreiben und hatte keinen Begriff der mich beschreiben könnte.
Mit 19 Jahren hat ich nun endlich den Mut und wollte mit einem Arzt reden. Dazu muss ich aber erwähnen das es da noch die DDR gab und ich auch dort aufwuchs. Der erste Arzt war mein Hausarzt. Der schmiss mich einfach raus und ich sollte mich nicht mehr bei ihm sehen lassen. Zum Glück hielt er sich an die Schweigepflicht, denn meine Mutter ging ja auch zu ihm. Mein zweiter Versuch war bei einer Gynäkologin. Sie war sehr groß, hatte kurze graue Haare, streng nach hinten frisiert und lief immer in einem Marschschritt über den Krankenhausflur. Ich sprach sie an und dann erlebte ich sie so richtig in Rage. Sie schrie mich an, was ich mir einbilde, wer ich wohl sei… Ich kam als Frau zur Welt und so habe ich auch zu leben. Ein paar Monate später versuchte ich es nochmal bei einem Psychologen. Dieser sagte zu mir ich hätte jetzt zwei Möglichkeiten, die erste wäre wir unterhalten uns über das Wetter und das ist dann so gut oder ich bestehe auf das Thema, jedoch muss er mich dann in die Klinik einweisen und das wollte ich nicht. Ich ging und wollte mit diesem Arzt auch nicht mehr über das Wetter reden.
Nun kam die Zeit in der ich versuchte genau so zu leben, wie es von mir verlangte. Es gab Zeiten da versuchte ich mich extrem weiblich zu geben. Ich heiratete, wie es von mir erwartet wurde. Sagte aber zu meinem Partner, wenn er die perfekte Hausfrau gesucht hat, hat er den größten Fehler seines Lebens gemacht. Es gab immer wieder Momente in denen ich aus diesem Leben ausbrechen wollte, denn es war nicht meins, sondern nur das was andere dachten, es sei das richtige für mich und sie meinten es ja alle nur gut. Ich traute mich aber nicht, denn ich wollte auf keinen Fall in eine Psychiatrie. Im Jahre 2000 fing ich dann an heimlich im Internet zu recherchieren und ich fand eine Seite da berichtete ein Transmann von seiner Vergangenheit. In fast jedem Satz fand ich mich wieder die unterdrückten Gefühle, den Wunsch so zu leben wie man es fühlt, einfach ICH sein zu dürfen. Ich saß vor meinem PC und weinte, denn ich hatte für das was ich bin endlich einen Namen… Ich bin transgeschlechtlich und nicht mehr anders.
Es dauerte dann immer noch 4 Jahre bis ich mich getraut habe endlich meinen Weg zu gehen, so zu leben wie ich es fühle – Ein Leben als Mann – Ich durchsuchte wieder das Internet nach Informationen und erfuhr dann so nach und nach, dass der Weg den ich vor mir habe, kein leichter wird, aber ich wusste es ist der richtige. Dieser richtige Weg begann hier in Chemnitz. Ich fand einen Psychologen der mich auf diesen Weg begleitete, denn dies muss sein, um Hormone und später auch Operationen von der Krankenkasse bezahlt zu bekommen. Hier beim Gericht stellte ich meinen Antrag für die Vornamensänderung, damit es auch offiziell wird und ich auch einen männlichen Namen tragen darf. Hier in Chemnitz fand ich einen Ort, um Menschen zu treffen, den es genau so geht wie mir, um sich auszutauschen, sich zu unterstützen ja und manchmal auch um sich zu trösten und gegenseitig wieder Mut zu machen. Dieser Ort ist der Verein different People e.V. hier in Chemnitz. Danke an die Menschen die 2002 den Mut hatten diesen Verein zu gründen.